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GERMAN REVIEWS
French TV #10 – I Forgive You For All My Unhappiness
Über vier Jahre hat es gedauert, den Nachfolger zu “this is what we do” einzuspielen. Die Platte wurde immer wieder angekündigt und verschoben, von Bandauflösung war die Rede – das so manche Frustration durch die Band gezogen ist, zeigt sich bereits im Titel des 10. Albums.
Und in der Tat zeigt sich die Band mit ihren sechs neuen Stücken müde und platt. Die Energie, sonst stets überaus verrückt und lässig schräg, die die instrumentalen Alben der Avant-Progressive-Rocker bislang (vor allem von #5 bis #9) überaus charmant und liebenswert wie hinreißend und verblüffend gemacht hatte, scheint fast völlig verloren. Dabei hat sich nicht viel geändert. Vielleicht sind die komplexen Songs auf #10 etwas eingängiger und schwerfälliger, aber dennoch doch mit zahllosen Brüchen und witzigen Komplexideen überhäuft. Da ist wohl der Wurm drin.
Die sechs Songs lassen eigentlich nichts vermissen, immer noch ein Abenteuer, dem eigenwilligen, dabei nicht kreischend lauten, sondern eher verschmitzt anarchischen Sound zu lauschen. Doch der Motor klingt alt und unwillig, die Band eingerostet, die Ideen zwar ausgereift, aber nicht mit 100% Energie gespielt. Ein maues Gefühl schleicht sich beim Hören des Albums ein. Als würde jemand heimlich auf die Bremse treten und zähe Schwerfälligkeit über der Band auskippen, schleppt sich Song für Song von Thema zu Thema. Den Hinweis auf dem Innenbackcover auf die Verteilung der US-amerikanischen Finanzen findet sich nach wie vor. Der Geist ist noch derselbe. Es gebricht vielleicht daran, sich immer wieder an ein neues Projekt zu wagen, das selbst in der Progressive Rock Szene kaum große Erfüllung oder Anerkennung bringt.
Dennoch: immer wieder: Empfehlung – – –
Volkmar/RAGAZZI
French TV #10 – I Forgive You For All My Unhappiness
Seit über 25 Jahren gibt es French TV aus Kentucky, was für eine absolut unkommerzielle (und wohl auch ziemlich unbekannte) Progband, die so ziemlich alles, insbesondere CD-Produktionen und deren Vertrieb, in Eigenregie macht, eine erstaunlich lange Zeit ist. Das lange Bestehen der Formation ist wohl vor allem dem ungebrochenen Engagement von Bassist und Bandkopf Mike Sary zu verdanken, der auch in besetzungstechnischer Hinsicht die einzige Konstante in der Geschichte der Band ist. Zehn Alben haben French TV bis dato eingespielt, deren letztes 2010 erschienen ist, wie die meisten der Vorgänger auf dem bandeigenen Label Pretentious Dinosaur Records.
Fünf Jahre sind seit der Veröffentlichung des letzten Album “This is what we do” vergangen. French TV sind inzwischen offenbar das Trio Mike Sary, Jeff Gard und Steve Katsikas (den man vielleicht als Keyboarder von Little Atlas aus Miami kennt). Da sich die verschiedenen Aufnahmesessions von “I Forgive You For All My Unhappiness” über den Zeitraum 2005-2010 erstreckt haben, sind auf dem Album aber noch eine ganze Reihe von weiteren Musikern zu hören, die mitunter zum Aufnahmezeitpunkt auch noch zur Band gehört haben (Warren Dale z.B.).
Trotz der langen Entstehungszeit ist “French TV #10” ein sehr einheitliches Album geworden, welches sich zudem in dem stilistischen Rahmen bewegt, den man von der Band gut kennt. “Modern American south regional post-Canterburian-influenced progressive rock”, wie es im Beiheft des siebten Albums der Gruppe definiert wird (siehe “The Case Against Art“), machen French TV immer noch. Der Canterbury-Einfluss ist auf den letzten drei Scheiben der Band zwar etwas kleiner geworden, doch lassen sich diese Wurzeln (die irgendwo in der Nähe von National Health gründen) zusammen mit Spuren von klassischem britischen (Gentle Giant) und amerikanischem (Happy The Man) Prog immer noch ausmachen. Die Gitarren riffen nun mitunter zwar etwas heftiger, es wird ab und zu leicht funkig und Katsikas arbeitet sich mit seinen Tastensounds retroprogressiv in den Vordergrund, doch machen French TV immer noch ihren typischen humorvoll-lockeren, aber immer hochkomplexen und leicht angeschrägten Jazzsymphoprog mit Ecken und Kanten, den man von der Band seit vielen Jahren kennt und schätzt.
Man könnte natürlich bemängeln, dass Mike Sary hier auch nichts wirklich Neues oder Anderes am Start hat. In der Tat war auch der Rezensent nach dem ersten Durchlauf ein wenig von dem Album enttäuscht, gab es hier doch genau das zu hören, was er von einem neuen French-TV-Album erwartet hatte. Doch nach einigen weiteren Hördurchgängen schwächt sich der “more-of-the-same”-Effekt ab und das Album macht doch recht viel Spaß. Ein bemerkenswertes Projekt hält Sary hier auf jeden Fall am Leben, welches die volle Unterstützung der Proggemeinde verdient hat!
—-Achim Breiling/BABYBLAU REVIEWS
French TV: I Forgive You For My Unhappiness
Französisches Fernsehen für die Ohren! Wer hätte das gedacht? Keine prallen Brüste, keine aufgespritzten Lippen, keine dauergrinsenden Models, keine Farbe, kein Schwarz-Weiß! Fernsehen für die Ohren – und dann auch noch farbenfroher und aufregender als vieles von dem, was sonst auf der Mattscheibe vorrangig unseren Augen geboten wird. Und das bei solcher Musik. Dass Damen, wie die auf dem Cover abgebildete, doch ziemlich skeptisch dreinschauen, ist mehr als verständlich.
FRENCH TV kommen nicht, wie zu vermuten wäre, aus Frankreich, sondern aus Louisville, Kentucky. Dort sind sie seit 1983 musikalisch unterwegs und warnten sogar auf ihrem ersten Album selbstironisch: „Habt erbarmen mit uns, schließlich sind wir fast noch Kinder!“ Fast dreißig Jahre später ist diese Warnung im Angesicht der nunmehr älteren Herren selbstverständlich nicht mehr angebracht – und Erbarmen braucht man bei dieser Musik auch nicht mehr zu haben. Musik, die sich locker und treffsicher im Umfeld von Jazz, Canterbury, Rock und Prog bewegt und sich im anspruchsvollen Umfeld solcher Bands wie BRAND X, NATIONAL HEALTH, HAPPY THE MAN oder SOFT MACHINE einreiht. Da bleibt nur die Frage offen, warum die Mannen um Bassisten MIKE SARY solch ein musikalisches Schattendasein fristen!? Kein Wunder, dass der Titel dieses Albums wieder voller Selbstironie „Ich vergebe dir für mein ständiges Unglücklichsein“ lautet. Dafür wird aber der Hörer durchaus so einige Glücksgefühle empfinden, wenn er symphonischen, progressiven Jazz-Rock mag.
Das 10. Album von FRENCH TV schleppt sich nicht eine Minute dahin, sondern lebt von der reinen, manchmal doch deutlich übertriebenen Spielfreude und dem Spaß am Experimentieren. Bereits die „7 rostigen Nägel“ beginnen genauso wie der Titel es vermittelt, mit 7 „rostigen“ Musik-Stilen. Canterbury trifft auf Jazz, trifft auf frühe GENESIS, trifft auf progressiven Bombast, trifft auf VAN DER GRAAF GENERATOR-Saxofon, trifft auf Rock und auf Symphonisches samt Flöten.
Da ist der Hörer gleich geplättet – manchmal vielleicht sogar ein wenig überfordert. Verzweifelt sucht man nach einem Konzept und vermag es nicht so richtig zu entdecken. Wenn dann bei „Conversational Paradigms“ auch noch der Bass einen Haufen Solis zugesprochen bekommt, ist das manchmal des Guten ein wenig zuviel. Verrückte Energetik und schräge musikalische Ideen bestimmen die Grundstimmung des gesamten Albums.
Müsste man solche Musik verfilmen, dann wäre das am ehesten mit einer Aneinanderreihung von kurzen Videoschnipseln vergleichbar, die in unregelmäßiger Reihenfolge immer wieder mal auftauchen und genauso schnell verschwinden. Das alles mal in Schwarz-Weiß, mal in grellen psychedelischen Farben. Ob das nun genial oder wahnsinnig ist, liegt ausschließlich beim Betrachter – oder Hörer. Am Ende auf jeden Fall ein kreatives Durcheinander.
Interessant auch, dass MIKE SARY, das einzige echte FRENCH TV-Urgestein, sich mit STEVE KATSIKAS den Keyboarder von LITTLE ATLAS zum französischen Fernsehen geholt hat. So findet man auch einige Parallelen zu besagter Band auf „I Forgive You For All My Happiness“, wobei der kleine Atlas mehr im Prog verwurzelt ist, FRENCH TV eindeutig im Jazz-Rock.
FAZIT: Hat man das Album einmal gehört, dann bleibt der erste Eindruck recht durchwachsen. So als versuchen GENTLE GIANT den Jazz-Rock für sich zu entdecken oder als hätten VAN DER GRAAF ohne PETER HAMMILL sich an einer Fortsetzung von „The Long Hello“ versucht. Wahnsinnige Genialität oder genialer Wahnsinn – auf keinen Fall aber etwas für Hörer, denen eingängige Strukturen wichtiger sind, als experimentelle Klangvielfalt, die (manchmal leider) keine Grenzen kennt.
Thoralf Koß/MUSIKREVIEWS.DE
French TV: I Forgive You For My Unhappiness
Dem Titel nicht unschwer zu entnehmen, handelt es sich um den zehnten Longplayer dieser 1983 gegründeten Band aus Kentucky.Mit #2 verhält es sich nicht viel anders, nun gewinnen die Blasinstrumente an Macht. Das Spektrum wird um jazzige Elemente bereichert, d.h. um jene Sparte die gemeinhin als Jazz Rock oder Fusion bekannt ist. Hier könnte jederzeit Allan Holdsworth aus der Tiefe des Gebräus auftauchen, ja, er würde hier eine Idealbesetzung sein.
Sehr kompliziert geht es auch auf “March Of The Cookie Cutters” zu. Da sind Ansätze zu Jahrmarktsmusik, auch eine Vertonung für Comicserien wäre denkbar. Zappa grüsst hier ganz gewaltig! Na ja, allein der Titel! Neben dem Saxofon wird auch die Klarinette eingesetzt.
So mag dann #5 die Abwechslung dadurch offerieren, dass ein Sänger angekündigt ist. Andrew Katsikas taucht jedoch erst recht spät im Song auf. Ich hatte bereits oben auf diese schnelle Fehlinterpretation hingewiesen! Also – es ist natürlich ein reines Instrumentalalbum, diese Musik fordert enorm beim Zuhören, sie ist wirklich kompliziert im Aufbau, bietet dem zugeneigten Hörer aber auch sehr viel Abwechslung.
Die Holzbläser werden nicht dominierend eingesetzt, sie dienen eher der Ausschmückung und Abrundung des Sounds. Jazz-Saxofon-Fans kommen insofern nicht auf ihre Kosten, denn lange Improvisationen in diesem Sinne sind grundsätzlich Fehlanzeige. Die Musik lebt eher vom Keyboardsound und einigen fetzigen Gitarreneinlagen der drei sich abwechselnden Gitarristen. Mir gefällt davon Chris Smith am besten.
»There is a grim dimension, beyond that which is known to most men. It’s a dimension as small as dust and as timeless as a sequined bell-bottom. It’s the middle ground between artifice and talent, between Doctor Who and Tolkien. I’m Mac Beaulieu, and you’ve just entered the Progrock Zone.«
—–Wolfgang Giese/ROCKTIMES
Mittlerweile ist die Avantgarde Progressive Rock Kapelle French TV in der Nachfolge Frank Zappas angekommen. Album Nummer neun zeigt wie bereits das Vorgängerwerk “Pardon Our French!” den extrem komplexen und bisweilen heftig atonalen Ansatz in der Komposition. Nicht nur Chef Mike Sary (b), sondern auch Warren Dale (key, winds, reeds, mallets), der vor auch schon wieder 3 vergangenen Jahren das geniale Avantgarde-Werk “The Burden of Duplicity” veröffentlicht hat [das deutlich schräger und viel extremer als der ausgefallendste Tropfen Musik von French TV ist], ist ebenso als Komponist aktiv geworden. Zwar gibt es auf “This Is What We Do” keinen atonalen Freerock, sondern “nur” Avantgarde Prog mit viel Jazz im Blut, aber Dales Spuren sind gelegt.
Weitere Mitglieder sind Chris Smith (g, vi) und Jeff Gard (dr), beide auch schon lange dabei.
Album Nummer 9 enthält 5 lange Tracks, die wiederum sehr komplex sind, dieses Mal jedoch (wie bereits bei den ersten Alben der Band) etwas unnahbar scheinen. Die technische Einspielung, wiewohl extrem punktgenau, wirkt lax, die Band spielt mit der Unvollkommenheit und irritiert den Hörer. Doch die hoch komplizierten Themen klingen lasch und akzentfrei. Die Verspieltheit hat wie immer sehr viel Humor, der sich zwischen den Noten erfahren lässt, doch die Songs haben nicht die Vitalität und Kraft früherer Alben. In die grandiose Musiksprache hat sich tückischerweise eine böse Banalität eingenistet, die einige Parts leider unterspült. Die ausgefallenen Ideen in den erheblich “schrägen” “Songs” sind nicht leicht nachzuvollziehen, die Energie der Stücke und die Dynamik verändern sich zu schnell, manche Themen sind zu kalt gelassen worden. Und doch werden wieder viele witzige und forsche Überraschungen geboten, nichts soll leicht sein in der Musik von French TV. Und so ist die Erfahrung, ist das Hören der Stücke nicht leicht und schon gar nicht eingängig.
Wer sich mit “This Is What We Do” anfreunden will, braucht Ausdauer. Je öfter jedoch die CD läuft, umso logischer und schlüssiger wirkt das erst fahrige, nervöse Werk. Die kantigen, rauen Enden der Themen verbinden sich und werden ein “harmonisches” Ganzes. Herausforderung vollkommen, die Erfüllung des Hörers danach ist umso größer.Was das mit Frank Zappa zu tun hat? Es ist derselbe Geist, philosophisch wie musikalisch.
—–RAGAZZI, review
FRENCH TV: THIS IS WHAT WE DO
Seit 1983 sind French TV mittlerweile aktiv, doch in all den Jahren nie über den gut gehüteten Insiderstatus hinausgekommen. Die Musik der Mannen um Mike Sary scheint bisweilen für die Allgemeinheit wohl einfach zu sperrig, die Mischung aus Canterbury und Progressive / Jazz Rock ist wohl nichts für den Großteil der progressiven Anhängerschaft. Viel ändern wird sich daran auch nicht mit “This is what we do”, wobei damit wieder viele Prog Anhänger einiges versäumen.
In ihrer ganz eigenen Nische fühlen sich French TV augenscheinlich pudelwohl, und da die Band eben auch noch über ein gehöriges Maß an Selbstironie (zu lesen und sehen jedes Mal in den recht köstlich gestalteten Booklets) verfügt, kommen sie einfach nochmals sympathischer herüber. Doch überzeugt auch der musikalische Gehalt auf “This is what we do”. Von den hier vertretenen fünf Titeln (u.a. mit so netten Bandwurmtiteln wie “Theme from ESPN X-treme Cobalt Blue 4“x4 Bathroom Tile Installation Games”) ist keiner unter acht Minuten lang, so dass mächtig Raum für komplexe und nervöse Wendungen, verschachtelte Arrangements, aber auch sinfonische Einflüsse ist. Vor allem durch die Gastmusiker Pam Thompson an Posaune und Steve Dale an der Trompete, aber auch diverse andere Blasinstrumente hat “This is what we do” mitunter was vom zappaesken Big Band Sound. Und auch wie bei einigen Zappawerken wird hier mitunter in einem Lied munter die Stilistik zwischen “normal” und “schräg” gewechselt, wobei French TV vor allem eine ganz gehörige Schippe Retro Prog mit ins Feuer werfen.
Dennoch haben die Amerikaner ein feines Händchen dafür, nicht nur auf anspruchsvolle “Musik für Musiker” zu setzen und beständig Gas zu geben, immer wieder finden sich bei ihnen auch angenehme Melodielinien und begeisternde Soli, ist hier eben nicht andauernde Hektik angesagt. Vor allem die im analogen Soundbereich verwurzelten Keyboards, wie auch das abwechslungsreiche Gitarrenspiel in allen Paletten zwischen aggressiv und schwelgerisch, macht einfach Laune. Das soll aber keineswegs davon ablenken, dass French TV sicherlich nichts für Leute mit schwachen Nerven sind, denn stetige Veränderung ist hier eindeutig Programm. Und das ist gut so!
Von: Kristian Selm @ (Rezension 2 von 2)
FRENCH TV 9: THIS IS WHAT WE DO
Das Booklet verrät uns nämlich, dass es sich bei French TV nicht einfach nur um eine Progband, sondern um einen Teil einer dieser ominösen Geheimgesellschaften handeln soll! Weitere schockierende Einsichten werden bereit gehalten… Dabei liegen allerdings nicht Vergleiche zu den genannten aktuellen Bestsellern nahe, sondern eher drängen sich Referenzen zur skurrilen Illuminatus!-Trilogie aus den 70er Jahren oder den legendären Principia Discordia auf.
Tatsächlich vermeine ich auf diesem Album vermehrt mysteriöse Klanggebilde zu vernehmen. Aber bereits das zweite Stück Ska Face bringt bereits mit seinen – nomen es omen – Ska-Rhythmen Lockerheit in French TV typischer Weise. Das nahezu vollkommen instrumentale Album quirlt dabei wieder einmal nur so über von Ideen, die jazzrockig bis Zappa-mäßig entwickelt werden. Immer wieder gibt es aber auch ruhige Einschübe, sodass der Hörer auch mal Luft holen kann. Unterschiedliche Leitinstrumente wechseln sich thematisch abwechslungsreich ab. Sicher klingen French TV immer wieder auch schräg, aber auf eine sehr angenehme Weise, die auch Hörer, die sonst beim Stichwort Avantprog nervöse Zuckungen bekommen, positiv überraschen kann. Dies liegt vor allem an dem immer wieder präsenten musikalischen Humor und der Lockerheit mit der unterschiedlichste Motive zu einem dennoch in sich konsistenten Ganzen verbunden werden.
Ein rundum kurzweiliges und unterhaltsames Stück Musik, bei dem die Zeit eigentlich viel zu schnell verfliegt. French TV sind auch bei Album No. 9 immer noch ein Geheimtipp!
—-BABYBLAUE REVIEWS, Rezensionen Von: Christian Rode
von VOLKMAR MANTEI
French TV – Pardon our French! (60:09, Pretentious Dinosaur Records, 2004)
Kentucky ist ja nicht gerade als Proghochburg bekannt, doch seit den frühen 80ern treibt dort Mike Sary mit wechselnder Mannschaft, aber inhaltlich ansteigender Form in den Veröffentlichungen seiner Band French TV sein Unwesen. Unwesen ist ein gutes Stichwort, den neben jeder Menge humoriger Titel und eigenartiger Covergestaltungen, gibt es auf jedem Album immer wieder kritische Wort zu den U.S.A. und deren Politik zu lesen.
Musikalisch machen French TV da weiter, wo sie beim Vorgänger „The case against art“ aufhörten. Ein unerhört interessanter Stilmix aus Progressive, Canterbury und Jazz Rock, der jedes Genre in mehreren Facetten auslotet und ebenfalls zu einem Kreuzzug durch alle Kulturen aufbricht. Ob latein-amerikanische Einflüsse („Everything works in Mexico“), orientalisches und asiatisches („Sekala dan Niskala“) oder eine Hommage an die französische Progszene der 70er („The Pardon our French Medley“), French TV fühlen sich überall gleichwohl, bleiben aber mehr oder weniger tief im Progressive Rock verwurzelt. Auch wenn ihre Musik nicht gerade leichte Kost ist, man manch vertrackte Wendungen und Brüche aufbietet, bisweilen sehr schrägen Lärm produziert, so sorgen ironisches Augenzwinkern für die gewisse Leichtigkeit, finden sich immer wieder auch verspielte, fragile Momente zur Auflockerung wieder.
Bis auf das 17-minütige Franco Prog Medley, bei dem u.a. Ausschnitte aus Stücken von Ange, Pulsar, Shylock und Atoll Verwendung finden und welches von Natalie Nichole Gilbert mit einigen französischen Textzeilen versehen ist, bleiben die Mannen von der Ostküste rein instrumental, haben jedoch ihre instrumentale Bandbreite durch diverse
Gastmusiker an Trompete, Flügelhorn, Tuba und Posaune erheblich erweitert, so dass die Führungsrolle von Gitarre und Keyboards bestens ergänzt werden.
„Pardon our French!“ kann das hohe Niveau anderer French TV Veröffentlichungen der letzten Jahre halten und überzeugt vor allem durch seine Unvorhersehbarkeit. Ein wirklich starkes Stück!
—–Kristian Selm/PROGRESSIVE NEWSLETTER
BABYBLAUE REVIEWS—FRENCH TV8: PARDON OUR FRENCH! BY FIX SADLER
“Zur Sache, Schätzchen”.
Das achte Album der Truppe um Mike Sary (mein erstes und sicher nicht mein letztes) hält sich nicht lange mit Geplänkel auf. Pardon Our French setzt uns sofort ins Zentrum der “Comic-Artigen” Klanglandschaften der Jungs aus Kentucky. Die verrückt-zwirbelnden Kompositionen sind eine “Ohren-Weide” für den offenen Proghead. Da gibt es ergreifende Violinen-Soli, perlende Piano-Läufe, spannende Bass-Arbeit und über allem schwebt der Geist der augenzwinkernden, überbordenden Spielfreude. Getreu dem Motto “Everything Works In Mexico” schaffen French TV eine Fiesta der anspruchvollen, aber niemals anstrengenden Art. Vergleiche? Kaum möglich! Sicher hat das auch was von dem kammermusikalischen Sound der großen Schweden Isildurs Bane, aber damit würde man der Geschichte nicht gerecht. Denn hier wird auf ungestüme Weise alles verarbeitet, was nicht “niet- und nagelfest” ist. Rockpassagen, Ethnotouch, klassischer Prog, Jazz, Zappaeskes. Nur symphonisch (sprich: bombastisch) wird es
eigentlich nie – das würde aber auch einfach nicht zu der locker-groovenden Mucke passen.
Meine Rezi ist hier nicht zu Ende, denn ich habe lediglich die Eindrücke des ersten Stückes beschrieben.
Mit Sekala Dan Niskala bewegt sich die Band in vorderasiatische Bereiche. Hier fühle ich mich an Von Zamla erinnert, wobei es auch mal leicht melancholisch werden darf. Dabei “piepst, zirrpt und quiekt” es aber wieder allerorten, gerne darf es auch mal abgefahren werden – aber nicht zu lange; an der nächsten Ecke lauert schon wieder ein neuer Eindruck mit “frippigen Momenten”, Akustik-Schlaggitarre und “Handclapping”.
Der nächste “Ethno-Song” ist das Pardon Our French Medley. Eine Spezialität von French TV scheint das covern alter Progheroen zu sein. Hier werden einige französische Bands miteinander so “verwurstet”, dass tatsächlich eine schlüssige, neue Komposition entsteht. Ich selber kenne nur den ersten Part, den die Truppe bei Ange entliehen hat. Ohne das Stück all zu sehr zu verändern, hauchen sie La Bataille Du Sucre den “French TV Sound” ein. Das Medley ist in seiner Gesamtheit etwas “dramatischer” als das sonstige Material. Dennoch bleibt sich die Truppe treu und verwöhnt uns mit einigen musikalischen Spielereien und dem erstmaligen Einsatz von Gesang. Größtenteils (bis auf “Manic Laughter” oder andere lautmalerische Sequenzen) bleibt die Musik von French TV aber instrumental.
Mit Tears Of A Velvet Clown geht es auf den Jahrmarkt. Flöten, Trompeten, Tuba – Kirmesatmosphäre. Humpa-Rhythmus, Geige, Marimba, Akkordeon – Zirkus-Stimmung. Eine 13-minütige Achterbahnfahrt, wie eine “geraffte” Version vom Flying Food Circus. Überall entdeckt man kleine Details. Eingeworfene Saxophon-Phrasen deuten Jazz an, Schlagzeuger Jeff Gard spielt gefühlvolle Beckenpassagen, dann wieder groovende Rhythmen und erinnert in seiner Spielweise an einen gewissen Phil Collins, als dieser noch volles Haupthaar hatte. Improvisationen werden angedeutet, aber nicht “totgenudelt” – das ist einfach “bärenstark”.
Jetzt bin ich einmal so weit, dann will ich konsequenter Weise auch den (schon) letzten Track des Albums beschreiben. When The Ruff Tuff Creampuffs Take Over (die Titel klingen schon wie die Musik) bringt uns French TV “light”, d.h. ohne irgendwelche Gastmusiker. Das Stück wirkt auf mich psychedelisch und “frei”. Die Keyboards werden ein wenig penetrant “piepsig” eingesetzt (vielleicht der einzige “Schwachpunkt” auf dem ganzen Album – immer mal wieder darf Warren Dale “rumquietschen”, was meist nicht so negativ ins Gewicht fällt, da es selten vorkommt und zum Stil passt), und irgendwo ist dieser Track der Unverdaulichste. Dennoch gibt es auch hier spannende Passagen, es darf gelegentlich gerockt werden und von “unhörbaren Experimenten” kann man keineswegs reden. Ein weiteres (minimales) Haar finde ich auch noch in der Suppe. Der Gesamtsound des Albums ist mir ein bisschen “hoch” – ich mag es immer ein bisschen “dumpfer”, erdiger… Reine Geschmackssache.
Pardon Our French ist ein durch und durch faszinierendes Album geworden, das bei all seiner Komplexität niemals den Song aus den Augen verliert, rockt, Spaß macht, unheimlich locker “unsere Musik” von ihrer besten Seite präsentiert. Das sind 60 Minuten pures Vergnügen, Musikalität auf höchstem Niveau und eine Reinhörempfehlung
für Progger, deren Horizont nicht bei symphonischem Schönklang aufhört. Ich ziehe meinen Hut (und besorg mir den Rest von der Truppe ;))
Anspieltipp(s): Everthing Works In Mexico
Vergleichbar mit: keine Ahnung; aber Achim hat einen Text vom Vorgänger zitiert, das passt!
Eingegeben am: 11.7.2004
Letzte Änderung: 11.7.2004
Wertung: 13/15
BABYBLAUE REVIEWS—-FRENCH TV8: PARDON OUR FRENCH!
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Von: Udo Gerhards @ (Rezension 2 von 2)
French TV sind ein Phänomen. Stetig, wenn auch mit relativ langen Pausen zwischen den Alben, veröffentlichen die Amerikaner rund um Bassist Mike Sary ein Album nach dem nächsten (inzwischen sind sie bei Nummer 8 angekommen), die obendrein auch noch immer besser zu werden scheinen.
Pardon Our French zeigt French TV abwechslungsreich wie eh und je. Vielleicht ist der Canterbury-Einfluss ein wenig zurück gegangen, auch Frank Zappa regt sich seltener in seinem Grab. Dafür gibt es immer noch jede Menge patentierten Spass verpackt in aufwändigen (teils mit Bläsern, Geige, Percussion, verschiedene andere “exotische”
Instrumente) Arrangements, komplexen durchkomponierten Irrsinn, latin-angehauchtes Geschrammel (“Everything Works In Mexico”), Asiatisches zwischen Arabien, Indien und Gamelan (“Sekala an Niskala”) oder surreale Kirmes- und Zirkusklänge (“Tears Of A Velvet Clown”).
Das titelgebende (“Pardon Our French” heisst übersetzt übrigens etwa “Entschuldigen Sie unsere Ausdrucksweise/unser Fluchen”) Medley versammelt einige mehr oder weniger obskure Stücke klassischer französischer Prog-Bands. Soweit ich die entsprechenden Nummern kenne, bleiben French TV dabei erkennbar nah am Original, ohne jetzt allerdings sklavisch an Sound und Spielweise zu kleben.
Allerdings möchte ich bei soviel Lob auch die beiden Kritipunkte nicht vergessen, die mich daran hindern, das Album noch eine Stufe höher zu bewerten, womit es endgültig bei den Top-Platten dieses Jahres angekommen wäre. Zum einen habe ich manchmal das Gefühl, die ein oder andere Passage hätte bei den Aufnahmen noch einen Durchlauf mehr vertragen können; manches klingt von der Rhythmik her nicht so hundertprozentig exakt und zusammen, “tight”, wie es für optimale Wirkung sein müsste. Ausserdem benutzt Keyboarder Dale immer wieder Plastik-Synthesizer-Fanfaren-Sounds, die direkt aus den 80er Jahren zu stammen scheinen und arg käsig wirken. Mir graust’s dabei, aber andere Geschmäcker könnten sich daran vielleicht überhaupt nicht stören.
Dennoch, von diesen – kleineren – Schwächen abgesehen: wer sich für ansatzweise schräge Musik mit Teilen, Wendungen, Irrungen, Wirrungen sowie aufwändiger Orchestrierung und viel Spielfreude und Humor interessieren könnte, sollte auf jeden Fall mal reinhören. French TV haben immer noch einen Insider-Status, der inzwischen
angesichts der letzten drei exzellenten Alben wirklich unverdient ist.
Anspieltipp(s): Everything Works In Mexico, Tears Of A Velvet Clown
Vergleichbar mit:
Eingegeben am: 21.7.2004
Letzte Änderung: 21.7.2004
Wertung: 12/15
RAGAZZI REVIEWS: FRENCH TV8–PARDON OUR FRENCH!
Obwohl French TV alles “richtig” machen, sind und bleiben sie, selbst in der Progszene, wo sich die Freaks mit dem Hang zum Ungewöhnlichen und Ausgefallenen sammeln, ein Geheimtipp. Das liegt zu einen gewiss an ihrer Herangehensweise, die nicht wenige “schräge” Parts und Passagen einbringt. Vielleicht auch an nicht leicht eingehenden Arrangements. Dabei sind ihre Songs lang (ohne zu lang zu sein oder zu wirken), symphonisch und mit allem Beiwerk geschmückt, dass den Prog Freak entzückt. French TV bringen viel komisches Liedgut zusammen. Ethnische Motive kreuzen Univers Zero – Attacken, Genesis/YES/King Crimson-Artiges fügt sich zu bombastischer Note, dynamische Arrangements steigern die Spannung und bauen sie wieder ab, vielschichtige Melodien und nuancierte Soli umgarnen die Song-Motive, wenig Raum bleibt für Improvisation, alles wirkt strukturiert und mit Liebe und Hingabe an seinen besonderen Platz gebracht. “Pardon Our French!” ist bereits die 8. Produktion der Amerikaner. Um die 5 Songs (in 60 Minuten) ganz aufnehmen zu können, muss man die CD (und das ist absolut keine Anstrengung) mehrere Male hören. Dabei eröffnet sich nach und nach eine mitreißende Musik. Kraftvoll im Spiel, trotz aller Verspieltheit ordentlich rockend und sehr inspiriert und gewandt in der Melodiesprache, ziemlich sehr komplex und verflixt verzahnt machen die Songs den Eindruck, sie könnten auch in klassischer Instrumentierung samt entsprechendem Arrangement funktionieren. French TV spielen ebenso Symphonik wie Chamber Rock, fügen Töne zu Songs, die erhaben und würdig klingen. Ihre hoch komplizierten Songs sind nur eines nicht: leicht. Die schwere Kost macht nur dann Freude, wenn man Lust hat, solch anspruchsvolles Liedgut zu hören. Wer es schafft, diese “Hürde” zu nehmen, sich in komplizierte Strukturen zu wagen, gewinnt mit jeder Stufe, die er erklimmt. Die Sinne begreifen plötzlich viel mehr in der Musik und das Gefühl für Klang und Ton schwebt wie ein UFO am Himmel. Die Jungs um Mike Sary (b, etc.), als da wären Chris Smith (g, vi, etc.), Warren Dale (key, saxes, cl, fl, etc.) und Jeff Gard (dr, perc, etc.) samt einiger Gäste nehmen jedoch nichts zu ernst und äußern das, indem sie jede Menge komischer und witziger Sachen einbauen, instrumentale Höhepunkte und sich entwickelnde “Schrägheiten” mit Sinn für lässige Schrulligkeiten. Neben 4 eigenen Stücken gibt es auf Nr. 8 “The Pardon Our French Medley”, in dem sie einige französische Prog-Klassiker in ihre eigene Musiksprache übersetzen, ohne die Urstücke zu ruinieren oder sich darüber lustig zu machen. Songs von Ange, Pulsar, Shylock, Carpe Diem, Atoll und Etron Fou Lelouban sind zu einem langen Stück verschmolzen, die Songs sind zu erkennen, aber nicht im Ansatz einfach nur nachgespielt. Hier wird etwas wirklich Neues daraus, das erstaunlich homogen klingt – und kein Stück französisch! Und sieh mal an – da spielt die Band plötzlich doch “Tears of a Velvet Clown” von Warren Dale, das dieser gerade auf seinem ausgezeichneten Solo-Werk “The Burden of Duplicity” veröffentlicht hat! Rockiger als dort, formaler, aber längst nicht gewöhnlich. Die Komposition ist genial, die Einspielung (schön, das Stück gleich in zwei Versionen zu bekommen!) urkomisch und lustig, dabei sehr vital und frech wie Oskar. Welch Glück, das hören zu dürfen! Jungs, hört nicht auf, Musik zu erschaffen. Ihr seid echt gut drauf! (Lauter Ausrufungszeichen!) French TV sind eine inspirierte Band, mehr, als dieser simple Ausspruch sagen kann. Zudem ist die Band politisch korrekt, jede CD hat immer eine politische Aussage abgedruckt, gut zu wissen, dass in den USA (dem für mich nicht freiesten Land der Erde) nicht nur Bushmänner rumlaufen. Pflichtprogramm!!
—-VOLKMAR MANTEI; RAGAZZI
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French TV – 7: The Case Against Art (54:47, Pretentious Dinosaur Records, 2001)
Mit ihrer siebten CD liefern French TV, die Band um Leader Mike Sary, ihr vielleicht ausgereiftestes, stilistisch wieder sehr vielschichtiges Werk ab. Der Band aus Kentucky gelingt es mühelos und in Leichtigkeit zwischen komplexen Progressive Rock, druckvollem, verspieltem Jazz Rock und jeder Menge sanfter Zwischentöne hin- und herzuwandern. Oder um die eigene, augenzwinkernde, selbstironische stilistische Beschreibung der Band zu benutzen: “modern American south regional post-Canterburian-influenced progressive rock”. Und so sind bei French TV nicht nur Gitarre und Keyboards die nach vorne strebenden Instrumente, auch jede Menge
Blasinstrumente (Saxophon, Flöte, Trompete) und Violinenparts finden sich im ganz eigenen Stil Wirrwarr wieder.
French TV haben es ihren Hörer noch nie leicht gemacht, aber auch gerade dies begründet wohl auch die musikalische Qualität dieser Band und selbstverständlich die Tatsache, dass es sich bei ihren Veröffentlichungen, um Alben für ein wirklich spezielles, fein ausgewähltes Zielpublikum im Progressive Rock Bereich handelt. Keine leicht Kost also, aber egal, wer möchte schon den grausigen Mainstream Brei aus dem Radio hören? So gibt es gewollte Brüche zwischen richtig relaxten Passagen, die auf einmal in sprunghaften Jazz Rock münden oder man lässt es sogar schon fast schon punkig krachen. Gerade durch die Verbindung von Jazz Rock und Progressive Rock mit dem typischen Canterbury Einfluss, wirkt manches sehr an Happy The Man angelehnt, nur noch eine Spur durchgeknallter und versponnener. Und der eigenen Tradition von Interpretationen diverser Coverversionen auf den Vorgängeralben folgend, hat man sich dieses mal mit “Partly the state” schon fast logisch einen alten Happy The Man Titel von 1974 vorgeknöpft.
Wieder mal eine hörtechnische Herausforderung für Unerschrockene, mit der French TV konsequent und unerschrocken, ihren ganz eigenen Weg abseits jeglicher Trends und aller Strömungen gehen.
KRISTIAN SELM-PROGRESSIVE NEWSLETTER
RAGAZZI REVIEWS: FRENCH TV 7-THE CASE AGAINST ART
French TV waren bisher immer für überraschungen gut. Aber so gelungen wie Album Nr. 7 ist ihnen vorher noch keines. Von der ersten bis zur Ietzten Minute ist dieses überaus humorvolle, witzige, vor Charme sprühende Album eine Ohrenfreude ganz exquisiter Art. (Das muss ich sagen, die Band bezahlt mich dafür.) Längst ist nicht alles nur schräg, heftig oder abstrakt – erstaunlicher Weise gibt es eine Fülle melodischer, harmonischer Finessen zu hören – die natürhich von einer ausgekochten Mannschaft disharmonischer, genüsslich inszenierter Virtuositäten umspielt werden. Der Opener “That Thing On The Wall” ist eine wilde, freche und fabelhaft künstlerische Aussage zum Thema Gentle Giant, das sich in einem schier wahnsinnig werdenden Poltergeist der humorig hüpfenden Noten zu elegischer Schwere melanchohisch senkt, um hauchdünn und zart über den Boden der Ohren zu schweben; eine Symphonie, betäubend für die Sinne und befreiend für die Ohren. Das Stuck scheint zu schreien: genug der
alltäglichen und hinlänghich bekannten Strukturen, die den Progressive Rock zukleistem! Dazu bedarfes keiner aus dem Ruder gelaufenen Free Rock Passagen, sondern nachvollziehbarer, klarer Strukturen, strikt komponiert und mit Charme und Verve gespielt. Das folgende “Viable Tissue Matter” ist ein symphonisches Stück, das episch
ausgerichtet leise beginnt und sich jazzverliebt kraftvoll entfaltet, dabei aber nicht in schräge Gefi Ide abdriftet, sondern melodisch und erstaunlich gezügelt zu Werke geht. “Partly The State” wiederum ist von dem hintersinnig-virtuosen Schalk bestimmt, der schon den Opener so ausgezeichnet geraten ließ. Hier fügen sich die Strukturen wieder symphonischer; erstaunlich, wie dicht an den Klassikern der 7Oer gebaut wird, ohne einer Band, einer Vorstellung von bereits vorhandener Musik zu nahe zu kommen. Und siehe da, es gibt Gesang. Die beiden ersten Songs waren rein instrumental und ließen in ihrer vielschichtigen und wahrhaft komplexen Struktur keinen Gesang vermissen, aber wie “Partly The State” plötzlich diese bildhübsche Gesangslinie entfaltet, mit einem Ieicht verhaliten Flötenton im Off, das hat einfach unglaublich hinreißenden Charme. “One Humiliating Incident After Another” schließlich hat eine etwas freiere Struktur, die kühlen Jazz ebenso wie zeitgenössisch ernste Fig uren einbezieht – nur urn daraus einen abgedrehten und urkomischen Rock zu machen, der progressiver, komplizierter, anspruchsvoller (gehen mir denn nie die Worte aus) nicht sein könnte. Zumal sich kleine Folklore-Splitter aus dem fernen Russland und dem Balkan mit nettem Ausdruck in den Song verirrt haben, die das ganze noch weitläuflger und interessanter machen. Der letzte Song (vergaßich zu erwähnen, das zwei Songs knapp unter und die drei anderen reichlich über lO Minuten lang sind?) “Under The Big W” läßt eine junge Dame mit reichlich Hall in der Stimme auf deutsch erzählen – -was nicht so recht zu verstehen ist was zum einen an der amerikanischen Aussprache und zum anderen an der Lautstärke der agierenden Instrumente drumherum (schönes Wort, nicht?) liegt. Der leicht nach Polka riechende Song ist eine aberwitzige und urkomische Variante schrägster Vorstellungen harmonischen Symphonic Rocks. Nach dem Genuss von “The Case Against Art” frage ich mich, ob ich jemals zuvor eine so angenehme, kurzweihige, komische und dabei so anspruchsvolle und interessante Platte gehört habe. Ich will nicht zuviel verraten, soviel sei jedoch gesagt (und wer nur irgend ein Interesse an progressiver Rockmusik hat, sollte diesen Tipp nicht missachten): die 7. von French TV ist Pflichtprogramm. (Das muss ich sagen, die Band bezahlt mich dafür.) Die Platte des Jahres! Nicht weniger.————-Volkmar Mantai; RAGAZZI
French TV – 3: Virtue In Futility (55:17, Pretentious Dinosaur Records, 1994)
French TV – 4: Intestinal Fortitude (71:03, Pretentious Dinosaur Records, 1995)
French TV – 5: Live Yoo-Hoo!!! (69:41, Pretentious Dinosaur Records, 1997)
French TV – 6: The Violence Of Amateurs (65:59, Pretentious Dinosaur Records, 1999)
Bereits seit 1983 arbeitet der Bassist / Bandleader Mike Sary mit wechselnden Besetzungen unter dem Projektnamen French TV. Herausgekommen sind dabei sehr vielschichtige Alben, die mehr ein Momentaufnahme der jeweils aktuellen Band sind und stilistisch von Canterbury Sound, R.I.O., sinfonischem Progressive Rock bis hin zu Fusion, sowie freier Improvisation reichen. Dementsprechend sind die Kompositionen mal fordernd, komplex, abstrakt, kö nnen auf der anderen Seite aber auch sehr eingängig und melodisch sein. Dazu gesellt sich ein nicht unerhebliches Maß and Ironie und Humor, was der Musik etwas die Schärfe nimmt. Zur Kritik liegen nun die vier letzten von insgesamt sechs Veröffentlichungen der amerikanischen Band vor, die die Schaffensperiode der 90er abdeckt.
Dass in der Zeit von 1987-1990 aufgenommene dritte, rein instrumentale Album “III-Virtue in Futility” ist der Einstieg in eine ganz eigene musikalische Welt, die sich über weite Strecken als recht fordernd erweist, immer wieder komplexe, eigenartige Verrenkungen vollführt, die aus der schon vorher angesprochenen Stilvielfalt etwas ganz
Neues entstehen lässt. Neben ‘normalen’ Rockinstrumentarium bekommen vor allem verschiedene Blasinstrumente (Saxophon, Trompete) jede Menge Freiraum eingeräumt, so dass es auch mal in vö llig freie Jazz Akrobatik abgleitet. Dass, was die Stärke von French TV ist, nämlich keine Grenzen zu ziehen, ist zugleich auch die Herausforderung. Hat man sich gerade durch einen ziemlich schrägen Improvisationsteil durchgekämpft, wird man mit gefangennehmender, melodischer Schö nheit wieder eingeholt.
Der Nachfolger “4: Intestinal Fortitude” teilt sich zur Hälfte in Canterbury / R.I.O. / Fusion Stücke auf, die auch mal in typische Samla Mammas Manna Kirmesmusikmentalität oder Zappaeske Spielereien abrutschen, sowie zu anderen Hälfte in direkten, fordernden Progressive / Art Rock. Die Kompositionen sind sehr vielschichtig, und umfassen ein Spektrum, welches bis hin zu sehr spartanischen, verträumten Akustikparts reicht. Der Zuhö rer bekommt jede Menge Material zum tieferen Eintauchen in die äußerst interessante Welt von French TV. Zum ersten mal wird auch Gesang bei French TV verwendet, wobei Schlagzeuger Bob Douglas stimmlich und von der Intonation sehr stark an Peter Hammill erinnert. Fast schon logisch, dass eine sehr wuchtige VdGG Coverversion “Pioneers over ‘C” das Album beschließt. “4: Intestinal Fortitude” ist der sicherlich das am meisten im Progressive Rock verwurzelte Album und kann somit bestens als Einstieg empfohlen werden.
Auf dem ersten Livealbum der Band “Live Yoo-Hoo!!!” zeigen die vier Amerikaner, dass sie auch auf der Bühne ihre Musik grandios umsetzen kö nnen. Interessantweiser wurden ausschließlich die komplexeren Titel der vorangegangenen Studioalben ausgewählt. Einfach unglaublich mit welcher Präzision sich selbst durch die komplexesten Passagen durchgehangelt wird, aber dadurch dass die etwas leicht verdaulicheren Songs bzw. Parts fast vollständig weggelassen wurden, ist diese komprimierte Form musikalischen Wahnsinns auf Dauer einfach zu viel. Dass zahlenmäß ig recht dürftig vertretende Publikum ist dies aber offensichtlich vö llig egal. Die kleine, aber
feine Menge rastet im kollektiven Enthusiasmus richtiggehend aus.
Doch auf dem aktuellsten, wieder rein instrumentalen Album “The Violence of Amateurs” werden die Grenzen noch weiter ausgelotet. Wer bisher glaubte, dass man komplexen Bombast, Jazz Rock, Bossa Nova, 50er Jahre Filmmusik mit Quietscheorgel, Surf Sound, guturalen Stammesgesang, Militärmusik, Free Jazz, Big Band Passagen, groovende Rhythmen und griffigen, krachenden Rock nicht ziemlich verquer vermischen kann, wird hier eines besseren belehrt. Dieses Album ist sicherlich der bisher abenteuerlichste Versuch etwas Neues zu erschaffen. Und so reichen die eigenen Empfindungen dann auch von überraschtem Erstaunen, totaler Begeisterung (“The Odessa Steps Sequence” ist ein grandioser, progressiver Knaller par excellence) bis hin zu blankem Entsetzen. Ein Album für offene Ohren auf der Suche nach Neuartigem, dass sich nach einem extremen Beginn doch noch etwas fängt und zumindest aber der Hälfte wieder eine einheitliche Linie erkennen lässt.
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RAGAZZI REVIEWS FRENCH TV 1
Das Debut auf CD! French TV gab es seit 1980. Bis sich eine feste Formation gefunden und diese Band ihren. Stil ausgearbeitet hatte, vergingen em paar Jahre. 1983 wurden diese 9 Stücke eingespielt und im drauf folgenden Jahr auf LP in einer limitierten Stückzahl von 500 verö ffentlicht. Musikalisch orientierte sich die Band damals schon an den ganz Großen des Progressive Rock. Abstraktes Potenzial war vorhanden. Die Kompositionen hatten nicht die Qualität wie heute. Dennoch sind die Songs reizvoll. Ausgedehnte Keyboardpassagen turnen auf komplexen Rhythmen. Der Bass arbeitet schon jenseits schlichter Pfade. Gitarre und Schlagzeug probieren schwere Figuren.
Sehr interessantes konstruktives Monument!
“Virtue in Futility” “Intestinal Fortitude” “Live Yoo-Hoo!!!
Die Amerikaner French TV beziehen ihre Inspiration aus dem großen Fundus des Progressive Rock. Haben sie auf einem frühen Album noch Bands wie Gentle Giant, PFM und Genesis angegeben, dürfte sich die heutige Quelle deutlich King Crimson nennen. Doch French TV machen nichts nach, sondern erobern mit ihren Songs ein neues Delta zwischen RIO und Progressive Rock. Jazzrock-Kompositionen treffen auf heftigen Rock, Zirkusmusik trifft auf Kindermelodien, atonale Ausbrüche verweben mit melodischen Parts und tolle Soil adeln diesen eklektischen Ausdruck weitschweifigen Musikinteresses. Chef dieser Schmiede ist der Bassmann Mike Sary, der mit verschiedenen Besetzungen diesen urigen Kosmos irrationaler und phantasievoller Rock-Geschichten erzählt. Hinter so manchen Ideen steht zappaesker Humor und soziales Engagement, dem sich die Band im booklet verpflichtet. Wer herkö mmliche Musik mag und kein Verständnis für überbordende Kompositionen hat, wird bier nicht bedient. Wer über Mainstrem hinaus denkt, findet bier ein Zimmer seines Zuhause.
BABYBLAU REVIEWS-FRENCH TV: LIVE-YOO-HOO!!!
-Als sich für das Projekt “French TV” des amerikanischen Bassisten Mike Sary immer mehr eine feste Besetzung ergab, lag es nahe, auch live aufzutreten. Ein Mitschnitt im eines Konzertes im November 1995 ergab das vorliegende Album, wobei ein paar Soundeffekte / Samples nachträglich im Studio dazu gebastelt wurden. Geboten werden Songs von den ersten vier “French TV”-Alben (momentan sind die ersten beiden leider nicht erhältlich. Musikalisch zeigen sich “French TV” als gut eingespielte Einheit, die die anspruchsvollen instrumentalen Kompositionen souverän meistert, auch wenn ein gewisses lockeres Feeling vorherrscht, das sich aber auch auf den Studioplatten findet. Auch live zeichnen sich “French TV” durch die mühelose Kombination von schrägen, komplexen Kompositionen mit Canterburyund Zappa-Einschlag mit vielen verschiedenen Teilen aus und jazzigen Klängen, bei denenhäufig und unvermittelt der Stil wechselt: von abgefahrener freier Improvisation geht es zurPolka, vor dort zu feinem Jazzrock, von dort zu einem Marsch. In den aberwitzigen übergängenzeigt sich ebenso wie in den grandiosen Songtiteln (“Hey! REAL Exectutives Jump From The Fiftieth Floor!”…) der allgegenwärtige Humor der Band, ebenso im Cover der Live-CD, das zeigt, wie ein Haufen Schweine nasezuhaltend aus einem “French TV”-Konzert fliehen…Im Allgemeinen ist der Sound der Band eher ruhig und fliessend, auch bei den hektischeren Stellen, aber abundan wird auch schon mal ein Gang höher geschaltet und es wird etwas rockiger (in “The Souls Of The Damned Live In Failed Works”) oder heftiger-schräger (“And The Dead Dog Lept Up And Flew Around The Room”), und manchmal wird es sogar fast symphonisch schön (auch in “The Souls Of The Damned Live In Failed Works”), aber man weiss halt nie, was um die nächste musikalische Ecke auf einen zukommt. Siehe z.B. “The Artist’s House”, eigentlich ein schönes ruhiges Stück mit einem wunderschönen Klavier-Intro, bis die Band plötzlich das Hauptthema als Reggae wiederaufnimmt…Naturgemäss sind die Arrengements wegen der fehlenden Gastmusiker nicht ganz so ausgeklügelt komplex wie z.B. auf der nachfolgenden Studio-LP “The Violence Of Amateurs”, aber das machen “French TV” mit Spielfreude und Enthusiasmus wett. Lediglich die Keyboardsounds sind mir persönlich oft etwas zu dünn und synthetisch-käsig, aber das ist wohl Geschmackssache. Von dieser kleinen Beschwerde abgesehen handelt es sich hier um ein unterhaltsames Live-Album, dessen eklektischer Inhalt sicher nicht jedermanns Sache sein wird; mir macht’s Spass!
“The Violence Of Amateurs”
Das neue Album der Avantgardisten stellt sämtliche Vorgängerwerke der Band locker in den Schatten. Hatten die 5 ersten Alben schon qualitativ hochwertigen abstrakten Rock zu bieten, ist “The Violence Of Amateurs” mit ausgezeichneten Kompositionen, rhythmischen Akzenten und viel Humor eine Steigerung gelungen. Zu oft sackt das musikalische Vermögen etlicher Bands nach 2 bis 3 Alben ins Bodenlose. French TV legen hier erst los. Allein dan knapp 5-minütige “The Kokonino Stomp” mit seiner virtuosen Natur wälzt sich überaus locker, leichtfüßig und quicklebendig aus den Boxen, trotz übernatürlicher Komplexität. “The Secret Life Of Walter Riddle” nimmt den
Faden in gleicher Weise auf und versteht es, den Hörer in Erstaunen zu versetzen. Nicht nur, dass dieses überborden an Ideen fasziniert, der stete Wechsel der Lead-Instrumente erstaunt viel mehr. Die technische Reife und dan kompositorische Vermö gen erinnern denn auch des ö fteren an Gentle Giant. Höhepunkt der CD ist “Joosan Lost/The Fate” mit über 21 Minuten von den Samla Mammas Manna. Da verflicht sich ein Lebenssaft, der mit Ausgefeiltheit, Dynamik und überschäumender Energie reichlich gesegnet ist. Album Nr. 7 wird noch vor dem Sommer veröffentlicht
BABYBLAUE REVIEWS-FRENCH TV-THE VIOLENCE OF AMATEURS
Mit “The Violence Of Amateurs” liegt das nunmehr sechste (die Live-CD “Yoo-Hoo!!!” mitgezählt) Album des amerikanischen Projekts um Bassist Mike Sary vor. Wobei ‘Projekt’ vielleicht inzwischen gar nicht mehr passend ist, da sich ein recht fester Stamm an musikalischen Partnern herzukristallisiert haben scheint: Gitarrist Dean Zigoris ist bei allen Songs mit von der Partie, er darf sich sogar bei zweien (“The Secret Life Of Walter Riddle”, “Mail Order Quarks”) als (Mit-)Komponist eintragen. Auch Drummer Bob Douglas und Keyboarder John Robinson sind die meiste Zeit mit an Bord, ansonsten lassen sich Sary und Zigoris von weiteren Mitstreitern an verschieden Instrumenten ergänzen.”The Violence Of Amateurs” ist eine Platte geworden, der man anmerkt, dass Sary & Co. das Genre “Progressive Rock” lieben, aber dabei nicht zu ernst nehmen. Pomp & Circumstance, Schwulst, Pathos und Bombast sucht man hier vergebens. Stattdessen nehmen sich “French TV” in ihrer instrumentalen Musik eher den verschmitzten Humor von Canterbury Bands wie “National Health” und “Hatfield And The North” zum Vorbild und schaffen es wie diese, Witz, Komplexität und Jazziges mühelos zu verbinden. In manchen heftig-schrägen Ausflügen liegen vielleicht auch Frank Zappa oder Bands der RIO-Bewegung (“Rock In Opposition”) nahe. Sary’s “The Kokonino Stomp” legt gleich grossartig los: fetzige, zerissene, jazzige Linien Linien in einem kleinen Saxophon-Satz, dazu humorig-seltsame Keyboardeinwürfe (Klingel-Sounds, Geister-Uhus), Banjo-Solo und Salon-Piano-Sound,und spätestens nach dem kurzen ‘Uga-chaka-uga-chaka’-Urwald-Vokalteil liege ich lachend am Boden. Grandios! Und mit Zigoris’ “The Secret Life Of Walter Riddle” kommt gleich das nächste Highlight: eröffnet mit einem schrägen gepfiffenen Marsch, den man danach tagelang nicht aus dem Gehörgang bekommt, auch auf die Gefahr hin, dass einen die Menschen in der Münchner U-Bahn ob des seltsamen Gepfeifes komisch anstarren… Danach oszilliert der Song zwischen Jazzigem, Hardrock-Sound und Surfmusik, und ich fühle mich wegen der bizarren Mischung an “Mr.Bungle” erinnert, und ich meine das als Kompliment. “The Odessa Steps Sequence” ist dann die erste Cover-Nummer, im Original ein Song der US-Progger “Volare”, deren Schlagzeuger Brian Donahue auch auf zwei Songs von “The Violence Of Amateurs” zu hören ist. Dies ist die von der Komposition her vielleicht am herkömmlichsten proggige und am wenigsten seltsame Nummer der Platte, wenn auch im typischen schlanken Sound der Band dargeboten. “Mail Order Quarks” gibt sich dann sehr jazzrockiges, leicht-füssig schwebend, im ersten Teil erneut mit Saxophonunterstützung, im zweiten Teil mit Violine. Weiter geht’s mit Sary’s zweiter Komposition, “Tiger Tea”, die inklusive Karibik-Feeling am Anfang in die gleiche seltsame Keule schlägt wie “The Secret Life Of Walter Riddle”: schräg, witzig, spacig, jazzig, you name it. “Joosan Lost/The Fate” ist dann das zweite, mehr als zwanzig Minuten lange Cover, diesmal von einem Stück der schwedischen RIO-Veteranen “Zamla Mammas Manna”, das sich aber perfekt in den “French TV”-Soundkosmos hineinpasst: los geht’s mit coolem, witzigem Quasi-Tango-Sound, aber nach und nach mündet die Nummer in minutenlangen, heftigsten kollektiven Freiformübungen, bevor der ‘Tango’-Teil wieder aufgenommen wird.Insgesamt ist “The Violence Of Amateurs” ein enorm unterhaltsames Album, dessen durchaus abgefahrene schräge Impros und übel komplexe Teile durch viel Charme und ‘Spass-inne-Backen’ hervorragend balanciert werden, so dass ich Euch nur empfehlen kann, mal reinzuhören.
BABYBLAU REVIEWS-FRENCH TV: INTESTINAL FORTITUDE
French TV ist das Projekt des amerikanischen Bassisten Mike Sary. In den mittlerweile 16 Jahren ihres Bestehens haben French TV fünf Platten, von denen Intestinal Fortitude die Nr. 4 ist, eingespielt, erwartungsgemäß jeweils mit größeren Abständen. Musikalisch paßt man am ehesten in die Kategorie “Fusion”, d.h. es werden starke Jazz-Elemente eingebracht.”Intestinal Fortitude” unterscheidet sich von den vorherigen French TV Werken zum einen dadurch, daß erstmals auch Stücke mit Gesang vorhanden sind, zum anderen durch die Einstreuung leiserer, lyrischer Sequenzen in die ansonsten ziemlich schräge Musik. Bestes Beispiel hierfür ist der 14-minütige Titel “Perseids”, dessen langer, von akustischer Gitarre und Flöte dominierter Mittelteil gelegentlich an ältere Camel-Werke erinnert. Für den klassischen French TV Sound stehen Titel wie “Um Tut Sut” (derartige Songtitel haben bei French TV Tradition), von der ersten Sekunde an ein Feuerwerk schräger Rhythmen mit ständigen Wechseln.Interessant auch die Coverversion des Van der Graaf Generator Titels “Pioneers over C”. Schlagzeuger Bob Douglas fungiert hier auch als Sänger, und seine Stimme kann sich durchaus sehen (bzw. hören) lassen.
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French TV – Stories Without Fingerprints
VON KLAUS RECKERT AM
(45:01 + 62:59, 2CD, digital, Eigenveröffentlichung, 2020)
Ohne Fingerabdrücke zu hinterlassen brüskiert uns das Album mit den ersten zwei Takten: Das schallende Boxentester-Lachen, mit dem ‘Unexpected Secrets Of The House Of Mystery At The Witching Hour’ anhebt, steht wohl auch sinnbildlich für den Humor, der Hörern beim Genuss eines Werkes aus dem Hause French TV noch nie geschadet hat. Und es bleibt humorig, halsbrecherisch, groovy! Nicht nur, aber wohl auch wegen Ludo(vic) Fabres Violinenparts klingt das Stück wie ein Jam der frühen Dixie Dregs mit der Zappa-Band etwa aus der ‘King-Kong’-Phase’. Also herrlich.
Ansonsten sollen sie ihr neues Doppeldecker-Opus doch am besten gleich selbst einführen:
“Disc One is a new studio effort continuing the meticulous twists and turns of their last two releases, with essentially the same players. Disc Two is a (mostly) live-in-the-studio affair, BBC-style, containing the set they performed at Chicago’s “ Progtoberfest ” in 2018. For music fans who always wondered what if the members of Henry Cow decided to make a fusion record.”
‘This Decadent Poetry Is Awful’ ist generell zarter, noch melodischer und mit sagenhaften Bass-Parts gedichtet. Für den ‘Stubby Index Finger’ kehrt der großartige Ludo für eine beeindruckende Show zurück, die unsereins noch am ehesten unter dem Begriff “Fusion” verorten würde. Aber Genre-Grenzen haben French TV eh noch nie beengt oder aufgehalten!
In der Zwischenzeit gilt es auch die Dichtkunst der Songtitel zu bewundern, wie sie sich beispielsweise in ‘The Museum Of Worthless Inventions’ abmalt. Oder bei ‘That Jigsaw Puzzle Is Tearing Our Family Apart’ – diese Bilder im Kopf!
CD2 startet mit ‘Ghost Zone/Noble Obelisk’ und nahezu gilmoureskem Gitarrenwohlklang. Das wird zwar nicht über die vollen 8:30 durchgehalten, aber um die Progger-Kumpels mal beim Band-Raten verzweifeln zu sehen, wird es ausreichen.
Erneut ein erhaben schönes, lustiges, virtuos gespieltes und dabei erstaunlich eingängiges Opus aus dem Funkhaus French TV.
Bewertung: 12/15 Punkten